
Immer mehr Menschen in Deutschland leiden unter Kaufsucht. Aktuell sind etwa fünf Prozent der Bevölkerung betroffen, und Prognosen deuten darauf hin, dass diese Zahl weiter steigen könnte. Laut den Forschern am Uniklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) ist die Diagnose Kaufsucht mittlerweile anerkannt, nachdem sie zuvor als Impulskontrollstörung klassifiziert wurde. Diese Anerkennung fordert sowohl mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit als auch geeignete Behandlungsmöglichkeiten für die Betroffenen. Besonders an Wochenenden und während spezieller Verkaufsaktionen wie dem Black Friday blüht die Kaufsucht auf, was maßgeblich durch personalisierte Onlinewerbung befeuert wird. NDR berichtet, dass am UKSH derzeit 20 Kaufsüchtige behandelt werden.
Das Phänomen Kaufsucht geht oft mit einem enormen finanziellen Druck einher, da sich Betroffene bis zu 6.000 Euro pro Monat für ihre Sucht ausgeben können. Ein Beispiel ist Nicole Müller, die viel Geld für Dekoartikel und Onlinespiele investiert, aber keine Schulden hat. Dennoch ist der Kontrollverlust, mit dem viele Kaufsüchtige kämpfen, gravierend. Sie kaufen entgegen ihres eigentlichen Willens und verheimlichen häufig ihr Verhalten aus Scham und Schuld.
Auslöser und Symptome der Kaufsucht
Die Ursachen der Kaufsucht sind vielfältig und komplex. Zu den Hauptfaktoren gehören die Aktivierung des sogenannten Belohnungszentrums im Gehirn und eine potenzielle Ablenkung von negativen Emotionen, wie zum Beispiel Depressionen. Viele Betroffene leiden häufig gleichzeitig an anderen psychischen Erkrankungen, was eine Behandlung considerably erschwert. ARD Alpha weist darauf hin, dass Betroffene oft spontane und ungeplante Käufe tätigen, die durch einen hohen Dopaminausstieg beim Vorstellung des Kaufens gekennzeichnet sind.
Die Symptome der Kaufsucht sind ernüchternd und beinhalten unter anderem starke Kaufimpulse und gravierende soziale sowie finanzielle Schäden. Oft wird Kasus wie Nicole Müller veranschaulicht, die zur produktiven Kontrolle ihres Kaufverhaltens bereits ein Ziel formuliert hat: Sie möchte ihre monatlichen Ausgaben von 1.500 Euro auf 200 bis 500 Euro reduzieren.
Therapieansätze und Perspektiven
Die Wege zur Heilung sind so facettenreich wie die Grenzen des Verhaltens der Betroffenen. Eine frühzeitige Behandlung kann die Prognose erheblich verbessern, da viele Menschen erst spät Hilfe suchen. Zu den gängigen Therapieansätzen zählen Verhaltenstherapie und medikamentöse Behandlung, oft bei vorliegenden psychischen Erkrankungen, wie sie in AOK dargestellt werden. Dabei wird angestrebt, die Suchtauslöser zu erkennen und neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln.
Die Therapie zielt nicht auf totale Abstinenz ab, da dies unrealistisch erscheint. Stattdessen wird ein bewusster Umgang mit dem Einkauf angestrebt. Viele Kaufsüchtige sind auf den schnellen Kaufrausch fixiert, erleben jedoch oft ein temporäres Stimmungshoch, gefolgt von Reue und Einsicht, was einen Kreislauf verstärkt, der nur mit professioneller Hilfe durchbrochen werden kann.
Der Handelsverband schätzt, dass in Schleswig-Holstein allein 250 Millionen Euro jährlich für Schnäppchen ausgegeben werden. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur das Ausmaß des Problems, sondern auch die Notwendigkeit, effektive Strategien zur Prävention und Behandlung von Kaufsucht zu entwickeln.