
Am 25. März 1994 kam es in Lübeck zu einem verheerenden Brandanschlag auf die örtliche Synagoge, der von vier jungen Männern verübt wurde. Das Motiv der Täter war durch Ausländer- und Judenfeindlichkeit geprägt. Der Brandanschlag sorgte weltweit für Entsetzen. Bürgermeister Michael Bouteiller bezeichnete die Tat als historisch bedeutend. Treue Feuerwehrleute konnten das Feuer schnell löschen, dennoch wurde der Vorraum der Synagoge in Mitleidenschaft gezogen sowie wertvolle Dokumente beschädigt.
Am 13. April 1995 wurden die Täter verurteilt und erhielten Haftstrafen zwischen 2,5 und 4,5 Jahren. Diese Entscheidung der Justiz wurde von vielen als unzureichend angesehen, insbesondere vor dem Hintergrund weiterer Übergriffe, die nach dem Anschlag auf die Synagoge in Lübeck folgten. Politiker und Bürger äußerten ihr Entsetzen über den Vorfall; Ignatz Bubis machte die Deutsche Volksunion (DVU) sowie die Republikaner für das Klima der Angst verantwortlich und bezeichnete sie als geistige Brandstifter. Mahnwachen und Demonstrationen fanden in Lübeck und anderen Städten statt, wobei etwa 200 Bürger sich am Tag des Anschlags versammelten und am Folgetag sogar 4.000 Personen zusammenkamen.
Ein tiefes gesellschaftliches Problem
Die Ermittlungen führten zu den Tätern, die aus einem rechtsradikalen Milieu stammten. Ein Gericht stellte fest, dass einige Angeklagte nicht einmal wussten, was eine Synagoge ist. Der Brandanschlag fiel in eine Zeit, in der die Bundesrepublik Deutschland von einer Eruption rechter Gewalt geprägt war, die bis in die Nachkriegszeit zurückreichte. Laut Historiker Johannes Spohr, der im Rahmen einer Gedenkveranstaltung am 24. März 2024 im Willy-Brandt-Haus sprechen wird, sind solche Taten Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Problems. Er wird das Thema „Ein Land voller Einzeltaten. Der Anschlag auf die Lübecker Synagoge im Kontext der 1990er Jahre“ beleuchten.
Nach dem Anschlag folgten in Lübeck weitere Übergriffe, darunter ein weiterer Brandanschlag auf die Synagoge am 8. Mai 1995. Im Jahr 1996 starben zehn Menschen bei einem Brand in einem Asylbewerberheim, dessen Hintergründe unklar blieben. Die Stadt Lübeck ergriff daraufhin Maßnahmen, um durch Programme für mehr Toleranz sowie Jugend- und Sozialarbeit die Gesellschaft zu sensibilisieren. Sicherheit wurde großgeschrieben: Die Synagoge wird rund um die Uhr bewacht, was einen großen Zaun und Wachposten umfasst.
Die Geschichte der Lübecker Synagoge
Die Geschichte der Lübecker Synagoge reicht bis ins Jahr 1880 zurück. Während der Reichspogromnacht 1938 wurde sie verwüstet, jedoch nicht vollständig zerstört. Am 1. Juni 1945, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, feierten die verbliebenen Juden in Lübeck ihren ersten Gottesdienst. Die Gemeinde erlebte durch Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion eine positive Entwicklung.
Die Synagoge wurde 2021 nach einer sechsjährigen Sanierung wiedereröffnet, ein Zeichen des fortwährenden Engagements für die jüdische Kultur und Geschichte in Lübeck. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Brandanschlags wird die Veranstaltung „Es brennt!“ im Willy-Brandt-Haus durchgeführt, die von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Schleswig-Holstein, den Lübecker Museen und anderen Partnern unterstützt wird. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, allerdings ist eine Anmeldung erforderlich. Interessierte können sich unter 0451/122-4250 oder via E-Mail an veranstaltungen-luebeck@willy-brandt.de anmelden.
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