
Die Niederdeutsche Bühne Neumünster (NBN) wagt einen bemerkenswerten Schritt: Zum ersten Mal in ihrer 102-jährigen Geschichte wird ein Werk von Hans Fallada aufgeführt. Die Premiere ist für Freitag, den 14. Februar, um 20 Uhr im NBN-Theater geplant und wird mit weiteren acht Vorstellungen bis zum 23. Februar ergänzt.
Bühnendirektor Niels Münz berichtet, dass es immer wieder Überlegungen gegeben habe, Falladas Werke zu adaptieren, diese jedoch aufgrund der komplexen Geschichten bislang nicht umgesetzt wurden. Das aktuelle Stück basiert auf Falladas letztem Roman „Jeder stirbt für sich allein“, veröffentlicht 1947, der die wahre Geschichte des Ehepaares Otto und Elise Hampel erzählt. Die beiden Widerständler legten von 1940 bis 1942 Postkarten-Flugblätter gegen das nationalsozialistische Regime aus, bis sie denunziert wurden.
Die dramatische Vorlage
Der Roman, der als das „beste Buch, das je über den deutschen Widerstand geschrieben wurde“ bezeichnet wird, zeigt die Entwicklung der Hampels vom Mitläuferpaar zu aktiven Gegnern des Nationalsozialismus. Die Bordesholmer Schauspielerin und Regisseurin Birgit Bockmann hat den umfangreichen, 700-Seiten-Roman auf eine plattdeutsche Fassung mit nur drei Schauspielern reduziert. Regisseur Wolfgang Schütz hat dafür einen Kriminalkommissar gestrichen und lässt die Geschichte durch das Ehepaar Anna und Otto, dargestellt von Heike Ingwersen und Niels Münz, lebendig werden.
Die Aufführung spielt in der Wohnung des Paares, das mit dem Verlust ihres Sohnes im Frankreichfeldzug konfrontiert ist. Diese persönliche Tragödie verwandelt sich in eine schmerzhafte Auseinandersetzung mit der moralischen Verantwortung in einer Diktatur.
Widerstand und Verfolgung
Der Roman thematisiert exemplarisch das Schicksal von Arbeitern im Widerstand gegen das NS-Regime. Die Charaktere handhaben ihren Widerstand nicht aus politischem Ehrgeiz, sondern aus persönlichem Rechtsgefühl. Die Geschichte ist brutal, handelt von der Verfolgung durch die Gestapo und dem letztlichen Schicksal der Hampels, die gefangen genommen, verhört und hingerichtet wurden.
Die Berichterstattung über das Projekt hebt hervor, dass das Ensemble bereits 25 Proben hinter sich hat, um die emotionale Intensität und die komplexe Thematik des Stückes adäquat umzusetzen. Der Roman ist nicht nur ein Zeitzeugnis, sondern auch ein Sittengemälde des Nationalsozialismus und warnt eindringlich vor dem faschistischen Terror und der Missachtung der Menschenrechte.
Hans Fallada, der von 1893 bis 1947 lebte, hat enge Verbindungen zu Neumünster: Er war dort als Anzeigenwerber und Redakteur tätig und saß zeitweise wegen Unterschlagung im Gefängnis, was sein literarisches Schaffen stark beeinflusste. Falladas Erfahrungen verarbeitete er in seinem sozialkritischen Werk „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“.
Das Andenken an Hans Fallada
Die Stadt Neumünster begeht die Erinnerung an Fallada nicht nur durch die bevorstehende Theateraufführung. Seit 1981 vergibt sie alle zwei Jahre den Hans-Fallada-Preis, der an bedeutende Literaten verliehen wird. Zuletzt erhielt 2024 die Schriftstellerin Grit Lemke den Preis, der mit 10.000 Euro dotiert ist.
Die Aufführung in Neumünster stellt somit nicht nur eine Premiere dar, sondern auch einen wichtigen kulturellen Beitrag zur Erinnerungskultur und zur Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Tickets für das Stück sind online unter nb-nms.de erhältlich.