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Schleswig-Holstein plant neuen Radikalenerlass gegen Extremisten im Dienst

Die schwarz-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein plant die Einführung eines neuartigen Radikalenerlasses, der an die Regelungen der 1970er Jahre erinnert. Dies wurde von der Innenstaatssekretärin Magdalena Finke (CDU) im Finanzausschuss des Landtags mitgeteilt. Der Erlass sieht vor, dass Lehrkräfte, Polizisten und andere Landesbeschäftigte vor ihrer Einstellung auf Verfassungstreue überprüft werden sollen. Ziel ist es, Extremisten den Zugang zu Positionen im öffentlichen Dienst zu verwehren und die Verbreitung verfassungsfeindlicher Positionen zu verhindern. Die neue Regelung soll im Verfassungsschutzgesetz verankert werden.

Der erste Radikalenerlass wurde am 28. Januar 1972 von den deutschen Regierungen beschlossen und ist als Extremistenbeschluss bekannt geworden. Der Erlass zielte darauf ab, die Verfassungstreue von Bewerberinnen und Bewerbern für den öffentlichen Dienst zu überprüfen, um die Beschäftigung von Verfassungsfeinden zu verhindern. Dazu wurde eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz durchgeführt, die bis 1971 rund 3,5 Millionen Personen betraf, von denen Hunderte abgelehnt oder entlassen wurden, vor allem Lehrkräfte und Hochschullehrer. Auch in Schleswig-Holstein wurde der alte Erlass 1988 nach einem SPD-Wahlsieg aufgehoben, um den Zugang zum öffentlichen Dienst für politische Extremisten zu regulieren. Dies geschah im Kontext einer politischen Polarisierung und der Gründung der DKP sowie der Aktivitäten des SDS.

Uneinigkeit innerhalb der Koalition

Bei der Umsetzung des neuen Erlasses montiert sich jedoch Uneinigkeit innerhalb der schwarz-grünen Koalition. Die CDU befürwortet eine umfassende Überprüfung durch den Verfassungsschutz, während die Grünen eine pauschale Überprüfung ablehnen. Stattdessen schlagen sie vor, dass die einstellenden Behörden bei Zweifeln eine Anfrage beim Verfassungsschutz stellen sollten. Dies wirft Fragen darüber auf, wie die Kriterien für die Überprüfung konkret festgelegt werden sollen und wer dafür verantwortlich ist.

Die Opposition hat zwar die Notwendigkeit einer neuen Anti-Extremisten-Regelung anerkannt, fordert jedoch klare Kriterien zur Einstufung von Extremisten. Bernd Buchholz von der FDP betont, dass eine rechtssichere Regelung erforderlich ist, um willkürliche Prüfungen zu vermeiden. Auch SPD und SSW erwarten eine transparente Regelung im neuen Verfassungsschutzgesetz. Die Details dieser neuen Regelung sind bislang unklar.

Der historische Kontext des Radikalenerlasses

Der Radikalenerlass der 1970er Jahre stellte eine umfassende Überprüfung von Bewerberinnen und Bewerbern im öffentlichen Dienst dar, die auf § 35 BRRG basierte. Vor der Einstellung wurden Regelanfragen beim Verfassungsschutz durchgeführt, und rund 1.250 Bewerber wurden wegen angeblicher verfassungsfeindlicher Aktivitäten abgelehnt. Diese Maßnahme war nicht nur auf Parteimitglieder beschränkt, sondern betraf auch ungebundene Personen und führte zu vielen Disziplinarverfahren.

In der Vergangenheit wurde der Radikalenerlass international kritisiert, insbesondere als deutscher Sonderweg. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte von 1995 stellte fest, dass im Fall einer entlassenen Lehrerin ein Verstoß gegen die Menschenrechte vorlag. Die Praxis wurde schrittweise bis 1991 abgeschafft, wobei einige Bundesländer, wie Bayern, bis heute spezielle Überprüfungen vornehmen. Betroffene fordern auch weiterhin Entschädigungen und die Rehabilitierung ihrer Schicksale.

Der neue Erlass in Schleswig-Holstein schildert eine neue Phase in dieser Debatte über die Balance zwischen Sicherheit im öffentlichen Dienst und den Rechten von Individuen. Der erste Entwurf des Gesetzes soll in diesem Jahr vom Kabinett vorgelegt werden, und die Diskussionen über die genaue Ausgestaltung sind bereits im Gange.

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Beste Referenz
kn-online.de
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de.wikipedia.org
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bpb.de

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